28.12.2013 bis 12.1.2014 Atlantiküberquerung von Mindelo nach Antigua

28.12., erster Tag: Beim Ablegen um 13:10 UTC bekommen wir Hilfe von Werner und Sylvia (Queen Nadine), Horst und Brigitte (Sapphire) sowie von Arno und Lydia (La Favorita). Beim Ausfahren aus dem Hafen begegnet uns dann auch noch die SY Istanbul mit Bhuket und Ender, die mit uns so wie Werner und Sylvia den Winter in Marmaris verbracht haben. Dann gibt´s Unterricht in angewandter Physik. In der Enge zwischen San Vincente und San Antao erleben wir hautnah den Venturi Effekt. Spitzenböen mit 40 Knoten. Zum Glück von hinten und da wir schon vorgewarnt sind, haben wir  nur die Fock draussen. Im Lee von San Antao erwartet uns kein Wind aber biestige Wellen und wir müssen ca. 2 Stunden lang motoren. Dann kommt endlich der Passat. Erst zaghaft, dann mit 20 bis 25 Knoten und unangenehmer Welle. Später beruhigt sich die Welle etwas, es bleibt aber schaukelig.

29.12. Der zweite Tag beginnt so wie der erste aufgehört hat. Schaukelig. Es gibt auf backbord Bug keinen ruhigen Platz im Cockpit. Die Nachtwachen sind somit anstrengender als bisher. Ein wunderschöner Sonnenaufgang hebt das Gemüt ein wenig. Tagsüber beruhigt sich die Welle, der Wind lässt auch ein wenig nach und wir wechseln von Fock auf Genua. Die Bordküche funktioniert hervorragend. Und wir können auch mit unserem Wasserentsalzer „Wasser machen“. Unser Etmal:  138 Seemeilen, und um 18:00 UTC haben wir „nur“ mehr 1963 Meilen vor uns.

30.12. In der Nacht vom 2. auf den 3. Tag lassen Wind und Welle weiter nach. Nur vereinzelt laufen große Wellen unter unserer ANGICAMARO durch. Die habens allerdings dann in sich. Die Praterattraktion Tagada ist ein Dreck dagegen.  Wir segeln mit 6 Knoten von der sternenklaren Nacht in den Tag. Von Tag zu Tag wird es wärmer. Nach einer reifen Papaya beginnt der Tag. Funkrunde, Navigation, Körperpflege mit Dusche, Trinkwasser aufbereiten, Kochen, heute auch fischen. Und dazwischen immer wieder festhalten, wenn die großen Wellen unter der ANGICAMARO durchlaufen, denn da kränkt sie erst mal ca. 20 Grad nach backbord, um dann genausoweit nach steuerbord überzuholen. Beruhigt sich nach zwei so Schlenkerern wieder und in spätestens einer Minute kommt die nächste. Am Nachmittag bringe ich dann die Schleppangeln aus. Drei mal verliere ich den Fisch, den vierten bekomme ich dann an Deck. Eine Goldmakrele ist diesmal dran, etwa 60cm lang. Schmeckt hervorragend. Natürlich fallen genau IN DEM Moment Böen ein, in dem wir mit dem Fisch alle Hände voll zu tun haben. Als der Fisch verarbeitet ist, wird auch der Wind kurzzeitig wieder weniger. Frischt aber dann wieder auf und wir segeln mit gutem Tempo in die Nacht. Etmal heute 150 Seemeilen. Kurz vor Ende meiner Wache durchleben wir den ersten Squall. Regenböen, mit etwa 30 Knoten, kommen aus dem Nichts. Eventuell kann ein Squall an dunklen, bis zum Wasser reichenden Wolken erkannt werden, in der Nacht aber nicht einfach. Vorerst „reite“ ich die Böen ab, dadurch wird Annemarie munter und kommt zur Hilfe. Gemeinsam reffen wir zuerst die Genua, setzen dann die Fock und nehmen anschliessend die Genua ganz weg. Alles in Allem ein Manöver von etwa 30 Minuten. Ist aber dann den Rest der Nacht ruhiger.

31.12. Der vierte Tag beginnt so wie der dritte beendet wird. Squall und seine Folgen. Langsam legt sich die Aufregung. Gemächlich segeln wir weiter durch die Nacht. Die Ruhe hält nur nicht lange. Der Wind schläft ein, bleibt aber böig mit Spitzen bis zu 30 Knoten, also zuwenig für die Fock bei wenig Wind, zuviel für die große Genua. Also schaukeln wir ungemütlich durch die Nacht. Am Morgen ist es dann bewölkt bei gleichmäßigem Wind mit etwa 20 Knoten, also Genua wieder raus. Dabei bemerken wir, daß sich der Schäkel, der die Fock mit der Refftrommel verbindet, gelöst hat. Zum Glück sind alle Teile noch am Vorschiff, somit kann ich es einfach wieder reparieren. Annemarie übertrifft sich heute wieder einmal selbst in der Küche. Richtiges Silvestermenü: Canapees, Salat, Cous Cous mit Goldmakrele – lecker. Jahreswechsel einmal anders. Nach dem „Galadiner“ dann Segel reffen und für die Nacht vorbereiten. Nach getaner Arbeit stossen wir mit Bier und Wein auf das Neue Jahr an. Das Alte schenkt uns dann noch einen Squall zum Ausklang.

1.1.2014 PROSIT NEUJAHR. Es geht in Rauschefahrt durch die vierte Nacht. Meist angenehme Welle und Wind zwischen 17 und 25 Knoten sind optimal. Unsere durchschnittliche Reisegeschwindigkeit beträgt zur Zeit 5,8 Knoten. Und seit ich den Klodeckel mit selbstklebenden Klettbändern versehen habe, können wir ihn beim „Geschäft“ festheften, und es haut uns den Deckel nicht mehr bei jeder größeren Welle in den Buckel. Kurz nachdem meine Wache vorbei ist, und ich mich niederlege, werde ich auch schon wieder wach. Der Autopilot arbeitet wie wild, Segel flappen und Annemarie versucht, die Situation in den Griff zu kriegen. Der Wind hat schlagartig abgenommen und seine Richtung um 40° verändert. Dauert etwa eine Stunde, dann läuft es wieder. Munter werde ich, als Annemarie gerade wieder „Squall –Rodeo“ reitet. Keine Sicht zur Sonne. Das ändert sich im Laufe des Vormittags. Sonne kommt durch, Wind wird wieder konstant, die Richtung passt aber gar nicht – zu achterlich. Nach einigem hin und herüberlegen, entscheiden wir uns, die Genua gerefft auszubaumen. Versuche ich gleich mit vollem Segel unter Fahrt. Ziemlich selbstmörderisch und nicht von Erfolg gekrönt. Und beschert mir auch noch einen blauen kleinen Finger. Also Baum wieder weg. Nur flappt die Genua zu viel und jeder andere Kurs würde bedeuten, daß wir Tage länger segeln müssten. Also doch ausbaumen. Aber jetzt mit geborgener Genua, erst Baum anschlagen und dann das Segel setzen. Funktioniert super. Wir laufen gut und das fast platt vor dem Wind. Etmal 137 nm. Annemarie verwöhnt uns trotz  manchmal heftiger Schlingerbewegungen mit Topküche! Nach einem superguten Chilli con Chorizo rollen wir in die Nacht...

Annemarie hat erste Freiwache. Kann auf Grund des Rollens aber nicht einschlafen. Also wechseln wir. Kaum liege ich, gibt es ein komisches Rumpeln. Wieder raus, schauen was da los ist. Die Genua flattert. Sie ist auch nicht mehr auf Reff 2 sondern ausgerefft  - Reffleine gerissen. Echt blöd. Zuerst mühsam ausgebaumt, damit wir vor dem Wind segeln können, jetzt alles wieder abbauen. Und zuerst mal die Genua bergen. Gelingt. Statt Genua nun wieder Fock. Und ein Kurs, der uns eher nach Florida denn Antigua bringt. Nachdenken ist angesagt.  Und wie immer kommn solche Überraschungen mitten in der Nacht.

2.1.2014. Nach den Turbulenzen der ersten Nachthälfte ist die zweite nun ruhig. Zu Beginn des sechsten Tages reffen wir auch noch den letzten Rest der Genua weg. Dazu muß ich ganz vorne auf den Bugsprit um die Refftrommel mit der Hand zu drehen, bis das letzte Futzerl  Segel auch aufgerollt ist. Annemarie fiert bzw. fixiert dann die Schoten im Cockpit. Vorne fixiere ich die Refftrommel mit dem letzten Rest der Reffleine am Bugkorb, somit kann sie sich nicht drehen und das Segel auch nicht freigeben. Hoffen wir halt mal. Da wir diese Aktion gleich nach Sonnenaufgang starten, verpassen wir auch die morgendliche Funkrunde.  Annemaries Kreativküche: nachdem die in Mindelo gekauften Toastbrote schon bald zu schimmeln begannen, gabs kurzerhand statt getoastetem Brot mit Wurst und Käse belegte Bananenscheiben als Canapees.

3.1.2014, Der siebente Tag auf See beginnt mit einer ruhigen Nacht. Fast klarer Sternenhimel. Eingeschlafen in einem Himmelbett. Aufgewacht in einer Waschmaschine. Wenn ich mich ganz entspannt in unserem Kisterl auf den Rücken lege, kneten mir die Schiffsbewegungen den Rücken in allen Richtungen durch. Nach vielen Tagen mit bedecktem Himmel scheint heute die Sonne. 1500: wir laufen wieder unter Genua. Ich habe die neue Reffleine (Gennakerschot) mit dem Leinenrest, der noch in der Refftrommel war, verknüpft. Der Test - Segel setzen und bergen - verlief gut. Also fahren wir wieder unter ausgebaumter Genua. Das bringt uns zumindest einen Knoten mehr  an Geschwindigkeit und bei der noch zurückzulegenden Distanz von etwa 1350 Seemeilen eine um fast zwei Tage kürzere Reisedauer. Hoffentlich hälts diesmal. Die ursprüngliche Reffvorrichtung habe ich nicht mehr in Verwendung, bis der Fehler gefunden ist. Nach dem Manöver Genua mit Baum setzen habe ich auch noch die Kap Verdsche Fahne eingeholt. Dabei ist mir wieder der viele rote Sand aufgefallen, der seit dem Törn nach Mindelo Leinen, Sprayhood und Persenninge überzieht. Der kommt vom Hamatan, einem Nordostwind, der uns zwar schnelle Fahrt nach Mindelo beschert hat, aber auch Saharasand mit sich führt. Der Passat, der uns jetzt treibt, ist „clean“.

4.1.2014, Achter Tag der Überfahrt. ANGICAMARO pflügt unaufhaltsam durch den nächtlichen  Atlantik. Grün leuchtet das Plankton im weißen Schaum der Bugwelle. Erstmals sternenklarer Himmel. Und zur Abwechslung ein schöner Sonnenaufgang. Heute vor einer Woche haben wir Mindelo verlassen. In dieser Woche haben wir etwa 950 Seemeilen zurückgelegt. Heutiges Etmal (bestimmt um 13:00 UTC) 149 Seemeilen.  An unseren Körpern spüren wir alle Muskel, auch welche, wo wir gar nicht wussten, dass wir die haben. An manchen Stellen Abschürfungen oder blaue Flecken. Die Seekoje kühlt auch tagsüber meist nicht mehr aus, wir versuchen auch tagsüber das angestaute Schlafmanko auzugleichen. ANGICAMARO ist mit einer Salzkruste überzogen.Trotzdem funktioniert das Bordleben und wir sind guter Dinge. Heute hatten wir zum Abendessen Grabanzas (Kichererbsen), eine köstliches Eintopfgericht von den kanarischen Inseln, verfeinert mit Annemaries eigenen Ideen.

5.1.2014. ANGICAMARO surft über die Wellen in den neunten Tag. Eine perfekte Nacht. Der Wind singt in den Wanten, das Meer unterstützt und das Schlagen der Türen trommelt den Rhythmus. Manchmal scheint es uns auch , als würden wir Stimmen hören. Ist natürlich Unfug, aber die Geräusche im Meer und die Müdigkeit im Einklang können einen schon was hören lassen. Unser Kurs nähert sich der Ideallinie. Wir navigieren mit zwei möglichen Kursen. Nummer 1, die Ideallinie (Großkreisroute), der direkteste Weg. Aber nicht immer ist dieser Kurs auch haltbar. Also haben wir einen zweiten, den Indirekten Kurs abgesteckt. Nummer 2, indirekter Kurs ist bestimmt vom sicher segelbaren Winkel zum Wind, auch bei ungünstigen Wellenverhältnissen. Unter Umständen könnte Nummer  2 trotz des längeren Weges die zeitlich kürzere Route sein, wenn wir diese mit höherer Geschwindigkeit segeln können. Mittlerweile sind diese Überlegungen hinfällig, wir segeln einen Kurs zwischen den beiden Varianten und haben eine neue Ideallinie, der wir zur Zeit mit 6,3 Knoten folgen. 07:00 UTC: Halbzeit. Heute „Bergfest“! (Bleiben uns NUR mehr ca. 1050 sm übrig). 10:00 UTC Zum Obstfrühstück (Apfel, Orange, Bananenmus)  erwartet uns blauer Himmel, durchzogen von wattebauschförmigen Passatwolken. Sonnig, warm, Wind mit 18 bis 23 Knoten von hinten schiebt uns Richtung Antigua. Am Abend feiern wir das Bergfest. Wir stossen mit einem Glas Wein an und als Dinner gibt es „Carne Fiesta“, ein kanarisches Fleischgericht. Dazu gibt’s Petersilerdäpfel. Erstmals Gemeinschaftsküche.  Wieder verdecken Wolken den Sonnenuntergang. Trotzdem verspricht es , eine helle, sternenklare Nacht zu werden. Nur Wind und Welle passen in dieser schönen, sternenklaren Nacht nicht zusammen. ANGICAMARO fährt in Bocksprüngen durch die Nacht.

6.1.2014, Zehnter Tag. Und wenn sie nicht bockt, dann rollt sie, ist kurzgefasst das Schiffsverhalten in der Nacht vom 5. auf den 6. Die Nachtwachen sind ein Graus. Nirgendwo kann der „Wächter“ ruhig sitzen. Und der Freiwächter hat eine Freikarte für eine Rummelplatzattraktion, soll aber darin auch schlafen (können). Alles scheppert. Auf der Suche nach den ärgsten Schepperern haben wir dann auch noch eine zersprungene Flasche gefunden. Schade um den guten spanischen Brandy. Den Hauptschepperer, eine Olivenölflasche, die sich in einem Schapp verselbständigt hat, haben wir natürlich auch lokalisiert.  Seit ein paar Tagen haben wir den Wachrythmus umgestellt von 3 auf 2 Stunden. Das kommt uns jetzt zugute, da die einzelnen Phasen kürzer sind. Bei diesem Getöse und Gerumpele dauert unsere richtige Schlafphase ohnedies nur etwa eine Stunde, der Rest ist ausgefüllt mit Dösen, Bocksprünge und Wellen, die unter dem Schiff durchlaufen zählen und warten, bis die nächste Wache beginnt. Den „Wächter“ drückt nach spätestens einer Stunde auch wieder der Schlaf und, wenn die Nächte sind wie heute, gibt es auch keinen Platz zum Entspannen. Jedem seine „Leidensphase“ ist somit kürzer… Die Wache wird von einigen „elektronischen Ohren und Augen“ unterstützt. Permanent haben wir ein Radarwarngerät aktiv. Nicht, weil wir zu schnell fahren, sondern deses Gerät erkennt Radarsignale anderer Schiffe im Umkreis von etwa 8 Seemeilen und zeigt uns eine ungefähre Richtung an, aus der sie kommen. Zusätzlich benutzen wir AIS (Automatic Identification System), womit wir auf jeden Fall die Großschifffahrt erkennen können und auch immer mehr „Pleasure Boats“. Last but not least haben wir auch ein eigenes Radar, mit dem wir andere Schiffe und Regenfronten (Squalls) sehen. Den Rundumblick ersetzen alle diese Systeme natürlich nicht. Seit Mindelo bis heute haben wir 3 Schiffe über unsere elektronischen Helferleins entdeckt. Keines war so nahe, daß wir es auch gesehen hätten. Also keine Gefahr. Der Bildschirm für AIS und Radarbildanzeige ist im Cockpit. Heute ist die Bildanalyse eine Herausforderung. Jede gröbere Schiffsbewegung droht dich vom Sitz abzuwerfen. Dies zu verhindern und gute Daten zu erhalten erfordert Kraft, Konzentration und Koordination… Der Tag beginnt mit einem wunderschönen Sonnenaufgang. Das Gewackele hat sich auch ein wenig beruhigt. Aber angenehm ist was anderes. Immerhin schaffen wir es, durch Kursänderung, die Schiffsbewegungen so zu beruhigen, daß der Wasserentsalzer laufen kann, ohne Luft anzusaugen. Trinkwasserversorgung ist wieder gesichert. Tagsüber lässt der Wind nach. Ich möchte den Baum wegnehmen. Während ich mit Annemarie bespreche, rauscht ein Squall über uns.Böen bis 35 Knoten müssen wir abreiten. Als der vorbei ist, holen wir den Baum herunter und reffen die Genua aus. Der gewünschte Anstieg an Geschwindigkeit kommmt nicht. Das Schlagen der Segel, wenn eine große Welle unter uns durchläuft, wird nur unangenehmer. Also Baum wieder rein. Baum ist wieder eingeschoren, als ich den nächsten Squall erkenne. Bleibt gerade noch Zeit, die Genua ein wenig kleiner zu machen und los geht der nächste Ritt durch die Regenböen. Squalls, Segelarbeit, all das kann Annemarie nicht abhalten vom Brot backen und einem tollen Abendessen zaubern. Multitasking Sea Wife! Auch während des Abendmahls müssen wir den schwarzen Böenwolken ausweichen.  Mit 6 Knoten geht’s in die Nacht. Kurz vor Mitternacht zieht noch eine Regenbö (Squall) vorüber, dann ist Ruhe.

7.1. Der elfte Tag beginnt mit einer ruhig dahinlaufenden ANGICAMARO. Nur ab und zu, wenn eine Welle unter ihr durchläuft, schaukelt sie kräftig von links nach rechts. Während ich dann Freiwache habe, reitet Annemarie rodeomäßig mehrere Squalls ab.  Tagsüber frischt der Wind dann etwas auf, die Welle wird höher. Wellenberge mit 3m Höhe sind keine Seltenheit mehr. Am Abend dann wieder jede Menge Squalls. Und einmal fast Flaute. Das frischgebackene Brot schmeckt hervorragend.

8.1. Tag zwölf beginnt mit einer schnellen Fahrt durch die Nacht. Regenböen, die links und rechts an uns vorüberziehen, verstärken den Passat. Wir zischen mit   6 1/2 Knoten dahin. Tagsüber frischt der Wind nochmal auf. Wechseln daher auf die Fock. Machen immer noch gute 5,8 Knoten Fahrt. Sonnenschein und Regenböen. Haben um 13:00 UTC noch 615 Nautische Meilen (nm) vor uns und ein Tagesetmal von 146 nm hinter uns. Am Nachmittag gibt´s wieder Segelarbeit. Kommen mit der Fock doch nicht so gut voran, also Genua wieder ausgebaumt setzen. Läuft wieder wie geschmiert. Tagsüber nur ein Squall, blauer Himmel mit Passatwolken.

9.1. Der dreizehnte Tag beginnt sehr ruhig. Bleibt bis etwa 04:00 UTC auch so. Dann, meine Wache beginnt gerade, der erste Squall. Abreiten. Kurz danach der zweite. Ausweichen. - Ein Squalll ist eine Regenbö. Diese Böen ziehen im Passatgürtel von Ost nach West, kommen daher normalerweise von hinten. Und sind dabei sehr schnell. Wenn sie da ist, dreht der  Wind nach Osten/Südosten und wird um 5 bis 15 Knoten stärker. Begleitet wird das Spektakel von Regen. Nach etwa 20 Minuten ist der ganze Zauber wieder vorbei. Oder du siehst am Radar oder im Blick zurück schon den nächsten herankommen. So kann ein Tag ganz schnell vergehen. Die Nacht auch. Nachts sind Squalls fast nur am Radar zu erkennen. Das aber recht gut. Einem Squall kann auf zwei Arten begegnet werden: 1) Ausweichen, wenn Platz und Zeit ist. Die Zugrichtung ist genau von Ost nach West, daher ist die Bahn gut voraussehbar, und am Radar ist es einfach zu erkennen, ob Ausweichen möglich ist. 2) Augen zu und durch (abreiten). Vorher noch Segel reffen. Manch zu großes Segel wurde schon Opfer eines Squalls. - Auch in der darauffolgende Wache von Annemarie jagt ein Squall den nächsten. An Rast ist kaum zu denken. Zu Sonnenaufgang ist der Zauber wieder vorbei und wir ziehen mit über 6 Knoten in den Tag. Etmal 13:00 UTC: 149 nm. Annemarie ist die Squall Queen. Nachmittags zaubert Annemarie eine super Kürbiscremesuppe mit Kernöl aus der Kombüse hervor. Selbstverständlich alles mit frischen Zutaten. Und zum Nachtmahl Bröselnudel. Herrlich. Mit etwa 6 Knoten segeln wir in den

10.1., den vierzehnten Tag der Überfahrt. Dieser bereitet uns erst einmal einen squallfreien Tagesbeginn. Der Mond leuchtet und es ist sternenklar. Dann ein schöner Sonnenaufgang. Angel raus. Obst, Bananenmus und Brei zum Frühstück. Passatwolken stehen am blauen Himmel. 13:00 UTC Etmal 155nm. Wenn das so bleibt, sind wir in 2 Tagen auf Antigua. Und wir würden erstmalig bei Tag ankommen. Wir sind schon gespannt und freuen uns auf den Landfall. Am Nachmittag Wassermachen. Geht nicht, weil das Schiff zu stark rollt und dadurch immer wieder Luft  angesaugt wird. Wir haben aber noch genug Trinkwasser, also kein Problem. Abendessen: Kürbisgulasch. Echt lecker. Ein Rest vom Abendessen bleibt immer am Herd stehen, da kann sich die Nachtwache bei Hunger daran erfreuen. Zum Sonnenuntergang dann etwas weniger Wind als bisher. Langsam segeln wir in die Nacht. Wieder eine Nacht zum vergessen. Wenig Squall, aber ANGICAMARO rollt permanent. 20° nach backbord, 20° nach steuerbord. Nirgends ist gut sitzen oder liegen. Alles scheppert. Ein Resultat aus wenig Wind und alter Welle. Irgendwann wird auch diese Nacht vorübergehen…

11.1.2014 Tag fünfzehn beginnt mit Rollen und Scheppern im Schiff. Dazu gibt’s Squalls bis in den frühen Morgen. Am Vormittag dann ruhig, vor allem auch etwas beruhigte See, damit kommen wir wieder zur Ruhe und können uns erholen. Am Nachmittag dann wieder Squall Rodeo. Aber immer noch schnell. Etmal um 18:00 UTC 146 nm. Und nur mehr 127 nm bis Antigua, Jolly Harbour. Sollte in 20 bis 22 Stunden ab 18:00 bewältigbar sein. Wir sind schon gespannt. Bordküche funktioniert nach wie vor hervorragend, wenngleich sie auch ohne viel Frischfisch auskommen muss. Abgesehen von der Goldmakrele ist uns Petris Glück nicht so hold gewesen. Einmal hat sich ein Fisch losgerissen und dabei den Angelhaken ziemlich verbogen, ein andermal hat ein Fisch gleich den ganzen Köder samt Wirbelschäkel abgerissen. Futsch. Und ab etwa 19:00 UTC beginnen wieder große Wellen. ANGICAMARO rollt wie noch nie zuvor. Érst taucht die backbordseitige Deckkante ins Wasser, dann die steuerbordseitige. Und das in einem fort.  Auch der Wind hat gedreht. Den direkten Kurs nach Antigua könen wir nicht mehr anlegen. Wird also noch etwas länger, aber nur wenige Meilen. So haben wir uns den Schluss der Atlantiküberquerung nicht gewunschen.

12.1.2014 Zielansteuerung. Immer noch rollt das Schiff von einer Seite auf die andere. Sie schlingert manchmal so stark, daß du, im Cockpit sitzend, ins Wasser greifen kannst. Ist weder für den der Wache hat, noch für den Schläfer angenehm. Den direkten Kurs können wir auch nicht mehr halten, da der Wind nach Osten gedreht hat. Fahren jetzt Kurs 275° anstatt 260°. Macht aber weiter nichts, müssen wir eben einmal den Bug wechseln. Dies tun wir dann zwischen 08:15 und 09:00. Am neuen Kurs stört die Welle nicht mehr und wir segeln schnell und ruhig in den Morgen und auf unser Ziel zu. Im Sonnenaufgang bekommen wir Antigua erstmalig zu sehen. Und zu riechen. Nach 2 Wochen Meer, Meer und noch mehr Meer ist der Geruch von Land eine Wohltat. Den Anker lassen wir vor Jolly Harbour fallen. Hier in der Anchorage relaxen wir erst mal, genießen Spaghetti Carbonara ohne Gewackele,  aus normalen Tellern und vom Tisch mit Besteck gegessen und freuen uns, daß wir angekommen sind. Morgen werden wir in die Marina wechseln.

Zusammenfassung: 2147 Seemeilen, zurückgelegt in 326,25 Stunden (das sind 15 ganze Tage plus 3 Stunden und 15 Minuten, gerechnet von Leinen los bis Anker hält). Es hat Stunden gegeben, in denen wir uns fragten, wozu, es hat Momente gegeben, wo wir die Antwort darauf fanden, nämlich im Moment. Und wir sind stolz, körperlich den Strapazen gut standgehalten zu haben und auch immer die notwendige mentale Kraft parat zu halten. Die Teamarbeit hat super funktioniert, wir hatten, abgesehen von der Reffleine keine Probleme am Schiff, also alles in allem eine gute Überfahrt. Mit all dem was dazugehört, um aus einer stinknormalen Segelreise ein Abenteuer werden zu lassen.

Zusammenfassung von Annemarie:

Tja, wie wars aus meiner Sicht. Es braucht viel Körperkraft und Balance um den Bewegungen standzuhalten. Mentale Kraft und Ausdauer. Und nicht zuletzt schadet eine Portion mehr an positivem Denken auch nicht. Mir hat es gefallen! Ich bin stolz, dieses Abenteuer mit meinem Mann gemeistert zu haben, und ich würde es wieder tun.

Meine Seekrankheit hatte ich toll im Griff, manchmal  (je nach Geschaukele) mußte ich 2 Tablettten/tgl. nehmen, ansonsten reichte eine aus.

Alle, die mich gut kennen wissen, wie wichtig mir gesunde Küche ist. So ist die Bordküche, abgesehen von geschälten Tomaten, Kicherbsen und Bohnen, ohne „Dosenfutter“ ausgekommen. Das stimmt mich besonders glücklich.

Was hat es so gegeben:

Frühstück: Obst, Getreidebrei aus Haferflocken, Mais oder Cous Cous, verfeinert mit Honig, Marmelade, Nüssen und einen Schuß Schlagobers.

Zwischendurch:

Kürbiscremesuppe, Happen mit Wurst und Käse, Sardinen, Aufstrichen, roter Rübensalat (selbstgemacht), Mozarella mit Tomaten, Grüner Salat. Wir hatten 1 ½ Wochen frischen Salat.

Hauptspeisen:

Linsen mit Karotten und Koriander

Geröstete Erdäpfel mit roten Rübensalat

Nudeln mit frischem Ingwer, Zucchini und roten Paprika (für Roland mit Speck)

Cous cous mit Gemüse und Mahi Mahi (Goldmakrele)

Reis mit Gemüse und Mahi Mahi

Carne fiesta mit Petersilerdäpfel

Chili con Chorizo (Wurst aus den Kap Verdschen Inseln)

Reis mit frischem Ingwer, Karotten und Zucchini, verfeinert mit Schinken

Topfennudeln mit Banane

Kichererbsen mit Speck und Erdäpfel (Grabanzas)

Cous Cous mit Pulpo (Oktopus) und Paprika

Kürbisgulasch mit Erdäpfel und Speck

Bröselnudeln mit Rosinen und Marmelade

Abschied von Mindelo
Der erste Sonnenuntergang
Goldmakrele und ihre Verarbeitung
Bordalltag: Körperpflege, Navigation und Wetteranalyse, Kochen, Kühlschrank..
Mmmmh, frisches Brot, verfeinert mit Käse und Mortadella
Kurzes Schlunzerl am Tag hilft über die Nacht.
Kürbiscremesuppe...
einer von vielen
Silvester
Kurze Momente der Zweisamkeit
Kleiner Happen zwischendurch
Bergfest mit Carne Fiesta
Relax, take it easy...
Squall, in der Realität und am Radar
und ein Sonnenaufgang
Der Count Down beginnt - "noch zwei", noch einer"
ein letztes Mal ins Kisterl schlafen gehen...
Obstvorrat, bei der Abfahrt und bei der Ankunft
"Land in Sicht"
Karibik...

15. – 21.12.2013 Mindelo, wir kommen

Sollen wir, sollen wir noch nicht? Immer noch bläst der Wind mit bis zu 25 Knoten in Puerto de la Restinga. Wir überlegen hin und her. Ein letzter Check der Grib Files (Wetterdaten, die wir über Funk empfangen) ergibt, es ändert sich an der Wettersituation in kurzer Zeit nichts. Der Wind kommt aus der richtigen  Richtung, nur die Wellen sind hoch. Also losfahren. Am Sonntag 15.12. um 14:30 ist es soweit. Alle neugewonnenen Freunde kommen, um sich zu verabschieden und uns mit den Leinen zu helfen. Sofort nach der Hafenausfahrt wird Segel gesetzt, und sie kommen auch bis 6 Meilen vor Mindelo nicht mehr runter.

Wir wechseln nur ab und zu zwischen Fock und Genua, je nach Wind. Bis ich dann eines Nachts beim Segelwechsel entdecke, daß die Reffleine der Genua fast durchgerieben ist. Also nur mehr Fock. Aber auch mit diesem relativ kleinen Segel bleiben wir schnell. Denn bei viel Wind brauchen wir ohnedies nicht mehr Segelfläche. Der Wind tut auch unserem neuen Windgenerator gut. Wir haben soviel Strom, daß wir auch während der Fahrt Musik hören können. (Autoradios sind Stromfresser). Das hebt den wegen der hohen Wellen niedrigen Lebenskomfort an Bord etwas. Und damit die Stimmung. Manche Wellen sind so hoch, daß sie über den Süllrand ins Cockpit steigen. Zweimal, jedesmal bei Annemaries Freiwache, sind Ausläufer der Welle bis in die Achterkajüte und die Seekoje eingedrungen. Die Seekoje war dann für diese Nacht unbenutzbar. Haben für diese Nacht dann im Salon geschlafen. Wieder hatte Annemarie Freiwache, als eine Welle das gesamte Vorschiff überspült, und das Wasser auch durch die verschlossenen Lüfter ins Schiff reingeplatscht ist. Wenn du gerade im Halbschlaf bist, so richtig vorm einschlafen, und es gießt einen Kübel Wasser ins Schiff, dann glaubst, du gehst unter. Entsprechend erschrocken und verängstigt war dann Annemarie auch. Ich musste sie erst fest an mich drücken und die Ursache erklären, ehe sie sich wieder beruhigt hat. An Schlaf konnte Annemarie diese Nacht nicht mehr denken. Habe die Lüfter dann noch mit alter Wäsche zugestopft, damit da kein Wasser mehr reinkommen kann. Und für den Niedergang in die Achterkajüte haben wir eine Abdeckung  aus einer Winterabdeckung für eine Decksluke gebaut. Hat geholfen. Nur das rein- und rausklettern aus der Achterkajüte wurde umständlicher. Aber beim Schlafen blieben wir seit dem trocken.

Kochen und Speisen noch oben zu bringen war meist zirkusreif. Oft haben die Wellen Annemarie, seltener mir (weil ich nicht so oft gekocht habe), das ganze Schiff unter den Füßen weggezogen, um es uns dann ins Kreuz oder sonstwo wieder nahezubringen. Ebenso hat sich das Kochgut vor, während und nach dem Schneiden oftmals im ganzen Salon und der Küche verteilt. Am besten war es, die Dinge die wir nicht unmittelbar in der Hand hatten, in der Abwasch abzulegen. Da können sie wenigstens nicht raus hüpfen. Ja und raushüpfen – einmal hat sich die Lade mit den Kochutensilien, Marmeladen, Honig und anderen Zutaten während des Öffnens verselbständigt und ist aus der Aufhängung raus und mit der Frontkante direkt auf Annemaries Rist gefallen. Hat schlimm ausgeschaut. Den Fuß haben wir sofort in einen Flaschenkühler aus unserem Minigefrierfach gesteckt, und als Annemarie dann auch noch ohne große Schmerzen auftreten konnte, war der erste Schock – gebrochener Fußknochen – wieder weg. Trotzdem unangenehm.

Auch die Speisenausgabe hatte was für sich. Einmal in die Schüssel geschöpft, und nur kurz unachtsam gewesen, hatte zur Folge, daß der Boden von den Speiseteilen wieder gereinigt werden musste. Und einmal auch eine Portion weniger zum Frühstück.

Also alles in Allem keine gemütliche Überfahrt. Froh waren wir dann, als wir schon recht nahe der Küste von San Vincente waren, und sowohl Wind als auch Wellen etwas abgenommen haben. Die letzten Stunden waren wir beide wach, um nach Fischerbooten und Leuchtfeuern Ausschau zu halten. Am 21.12. um 4:45 UTC waren wir dann vor Anker, haben unser Ankommstbier getrunken und sind hundemüde, aber auch stolz, diese Etappe hinter uns gebracht zu haben, ins Bett gefallen. Und mit einer Menge Hausaufgaben für die nächsten Tage (Lade raushüpfsichern, Reffleine tauschen und Scheuergrund suchen, Hydraulik vom Autopilot überprüfen, alles noch seefester verstauen, Wäsche waschen,  Obst und Gemüsevorräte auffüllen, Speiseplan erstellen, Vorkochen,……). Wenn Zeit bleibt, Energie tanken und Mindelo geniessen.

Weihnachten werden wir in Mindelo feiern.

Für unsere 2. Atlantiketappe von El Hierro nach Mindelo benötigen wir für 765 Seemeilen, 5 Tage und 14 Stunden, das entspricht ein durchschnittliches Etmal (zurückgelegte Meilen pro Tag) von 132 bis 142 Seemeilen. Inklusive Ablegen, Schiff klarieren und Ankern. Leider kämpfte Annemarie jeden Tag mit Seekrankheit, sodaß der Tablettenkonsum doppelt so hoch war, als bei unserer 1. Atlantiketappe.

Sonnenuntergang am ersten Tag der Überfahrt.
Zum Sundowner gibt es wegen dem Geschaukele diesmal keinen Wein.
Die Seekoje, hier noch trocken.
Für die Nachtwache steht immer ein Topf am Herd. Das Rauslöffeln ist nicht ganz einfach.
Nächtlicher Besuch, 200 Seemeilen von der nächsten Küste entfernt.
Fuß mit Flaschenkühler.
Sonnenuntergang 2.
Dieser Frachter, ein Atlantikruderboot (in der Nacht, ohne Sichtkontakt aber mit AIS und Funkkontakt) und ein Segelboot (auch mit AIS und Funkkontakt) sind uns begegnet.
Kurze Rast bei der Ansteuerung von Mindelo.
Angekommen. Stolz, froh und müde.

1.12.2013 San Sebastian, La Gomera – Puerto de la Restinga, El Hierro

Bei fast keinem Wind und dichter Bewölkung legen wir kurz nach Sonnenaufgang ab. Das Aufstehen und der Abschied von La Gomera (wiedermal ein Kraftort) ist uns schwer gefallen. Am Abend des 30.11. haben wir uns gemeinsam mit Marteen, Monique , Bernhard, Annemarie und deren Sohn Jan (11 Jahre ) noch ein tolles Konzert mit dem Titel la Revolucion de la Gomera angesehen und angehört und natürlich dann noch einen Schlummertrunk genommen. Das Konzert war ein wunderschöner Abschied von La Gomera, wir hörten ihre „Hymne“ sahen ihren „Inseltanz“ und hörten die Geschichte mit Musikbegleitung von La Gomera. Und das alles gratis, wir waren beeindruckt. Es wurde nur „Mitternacht“,  da wir ja in der Früh weg wollten. Marteen und Monique sind aus Holland, Bernhard, Annemarie und Jan sind Landsleute und alle auch am Weg in die Karibik, soll noch mal wer sagen, Österreich sei keine Seefahrernation. Bin schon gespannt, wen wir wo, wann wieder treffen.

Also, wir haben perfekt abgelegt, sind dann etwa eineinhalb Stunden unter Motor gelaufen und haben dann Segel gesetzt. Anfänglich langsam, dann alles raus was da war und siehe da, unsere 16 Tonnen Blech, Tankinhalt, Hausrat und Lebensmittel haben sich richtig vorwärts bewegt.  Auch die Bewölkung hat sich aufgelöst. Aber nach unten, sprich es hat sich ausgeregnet. Alles nass, ungemütlich, Winter halt bei 20 Grad. In Restinga sind wir nach Sonnenuntergang angekommen und an den Schwimmstegen war kein Platz mehr  frei. Daher Wellenbrecher ohne Schwimmsteg. Bei 2,5 Meter Tidenhub aber nicht spassig. Und hier haben wir wieder erfahren, was Seglergemeinschaft in entlegenen Winkeln dieser Erde bedeutet: Ein Franzose hat uns an der Molenmauer gesehen, ist zu uns gekommen und hat uns einen freien Platz an einem der Schwimmstege gezeigt. Ein weiterer französischer Segler hat mitbekommen, daß wir uns in der Kommunikation schwer tun, und hat begonnen, zu übersetzen. Zu dritt sind wir dann, während Annemarie das Schiff behütet hat, zum Hafenkapitän marschiert, um ihn zu überzeugen, daß die ANGICAMARO von der Mole weg muß und ohnehin noch ein Platz neben einem Motorboot frei ist. Zugegeben, der Platz war sehr eng und wir hätten uns ziemlich reinpressen müssen. Das hat der Hafenkapitän gleich gemerkt und den Platzwechsel nicht erlaubt. Aber wir durften von der Mole weg und im Hafen mit Heckleinen ankern. Ist trotzdem ziemlich wackelig aber nicht so anstrengend für Boot und Crew als längsseits an der Mauer…

Nun sind wir am südwestlichsten Punkt Europas und hoffen, daß wir morgen einen besseren Liegeplatz bekommen und wir El Hierro unbeschwert erkunden können.  

Die Atlantikruderer und ihre Boote faszinieren uns.
Mit Vollzeug in den Regen. Segeln ist also doch ein Wassersport.
Dazwischen erzeugt die Sonne ganz eigenartige Stimmungen...
Kurz vor Sonnenuntergang sehen wir schon den Südzipfel von El Hierro,sind aber noch 5 Seemeilen davon entfernt.

13.11.2013 Von Sta.Cruz nach San Sebastian auf La Gomera

Nochmal Teide, diesmal beschienen von der aufgehenden Sonne

Diesmal waren wir schneller als unser Wecker.  Um 0300 stehen wir auf. Ruck Zuck machen wir uns fertig zum Ablegen. Mitten im Ablegemanöver dann auf einmal ein melodischer Klang aus der Kajüte. Ich werde stutzig. Was ist das wieder? Frage Annemarie, die gerade am Vorschiff mit den Leinen beschäftigt ist, ob sie das auch hört. Nein. Kommt ja von Innen. Dann schnalle ich es – es ist unser Wecker, den wir nicht abgestellt haben… Gleich nach dem Ablegen Segel raus und erst nach 50 Seemeilen (von 71) wieder rein. Dann schläft der Wind bis zur Ansteuerung von San Sebastan ein. Natürlich haben wir während des Anlegemaövers wieder Fallböen. Diesmal klappt aber alles und der Schweißtrafo kann drin bleiben. Erstmals sehen wir auch Wale.

7.11.2013 Las Palmas (Gran Canaria) - Darsena Pescaria de Santa Cruz (Tenerifa)

Es graut dem Morgen noch, als wir die Anchorage...
... in aller Herrgottsfrühe verlassen.
Kurz nach "Anker auf" auch "Sonne Auf".
Sie läuft zwischen 6 und 8 Knoten. Der Skipper ist entspannt. Zumindest fürs Foto.
Schon sehen wir den Teide. Mit 3718m der höchste Berg Spaniens.
Nach etwa 54 Seemeilen haben wir die Marina vor Augen. Beim Anlegen haben wir dann starke Fallböen, die uns ziemliche Schwierigkeiten bereiten.

3. und 4. 11.2013 Von Gran Tarajal nach Las Palmas

Das Wetter bessert sich zunehmend. Ein Schiff nach dem anderen verläßt Gran Tarajal. Nach Analyse der Wettervorhersagen entscheiden wir uns, am Sonntag, den  3. 11. bei wenig Wind loszufahren und an der Südspitze von Fuerteventura bei Punta Jandia zu ankern (29 Seemeilen). Für den 4.11. ist dann richtig guter Segelwind aus der richtigen Richtung angesagt. Damit wollen wir die größere Strecke von Fuerteventura nach Las Palmas (Gran Canaria) dann bewältigen. Aber wie schon so oft, kommt es auch diesmal anders.  Nach einigen Regengüssen am Morgen legen wir dann endlich zu Mittag ab. Gleich nach der Ausfahrt Segel raus. Unter Segel geht die Fahrt bis Morro Jable. Der wenige Wind entpuppt sich als super Segelwind mit bis zu 20 Knoten.  Am Kap vor Morro Jable frischt er sogar noch auf.  Daher entscheiden wir uns für den Hafen und nicht für den Ankerplatz bei Pta. Jandia. Der Hafen ist voll aber wir bekommen einen Liegeplatz im hintersten Eck des Hafens. Ohne Wasser und Strom und ohne Stegbeleuchtung. Beim Einchecken erklärt mir der Hafensecurity auch noch, das der Steg durch den Sturm der letzten Woche stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Kostet aber dennoch EUR 6,30. Noch denken wir uns nichts dabei. Als aber der Wind in der Nacht noch zunimmt (Spitzen bis 35 Knoten) schlafen wir gar nicht gut. Der Steg hält dem Wind stand.  Gegen Morgen beruhigt sich der Wind. Das aber ganz. So müssen wir die 55 Seemeilen nach Las Palmas fast durchgängig motoren. Nur etwa 2 Stunden unter Segel. Die Wellen sind durch den Wind der vergangenen Tage mehr als 1,5 Meter hoch. Entsprechendes Geschaukele garantiert. Um 19:00 kommen wir in der Las Palmas Marina an. Die Marina ist voll aber wir dürfen vorerst einen Tag bleiben. Wir werden sehen, ob es uns erlaubt wird, länger zu bleiben. Wenn nicht, werden wir vor dem Hafen ankern…

Ein Schiff nach dem ...
... anderen verlässt Gran Tarajal
Dann auch wir
Nach dem Regen ist vor dem Regen. Blick zurück auf Gran Tarajal
Der markante Süden Fuerteventuras
Punta Jandia muss ohne uns auskommen..

17.10.2013, Lanzarote – Fuerteventura

Unser nächstes Ziel ist Fuerteventura. Unsere Freunde nehmen die Fähre, wir wollten segeln, doch leider bleibt der Wind aus, also motoren. Fuerteventura trägt den Namen auf Grund der starken Winde, uns empfängt sie mit Flaute. 45 ereignislose Seemeilen unter Motor von der Rubicon Marina bis Gran Tarajal.

In Gran Tarajal geht es unbürokratisch zu. Kein Warteponton. Kein „Platzanweiser“. Den Liegeplatz können wir uns selbst aussuchen.  Hier werden wir ein paar Tage bleiben, um die am wenigsten besiedelte und daher noch sehr ursprüngliche Insel der Kanaren zu erkunden.

Nordspitze von Fuerteventura
Las Playitas

14.10.2013 La Graciosa – Rubicon Marina, Lanzarote

Aufbruch 10:00, 39 Seemeilen, Ankunft 17:10, Lokalzeit. Kurz nach Segelsetzen Angelzeug raus. Noch bevor ich mir Messer, Lifebelt und Handschuhe herrichten konnte, kommt von Annemarie schon: „da ist ein Fisch dran“. Also improvisieren. Gelingt. Diesmal ist es ein 2 ½ kg schwerer Bonito.

Erstmalig wird in einer Marina auch die Länge unseres Schiffes überprüft.

Diesmal Bonito, eine kleine Thunfischart..
Leuchtturm am Pta. Pechiguera. Hier am Kap hackt der Wind mit über 25 Knoten auf uns ein.
Wieder in der Zivilisation. Nach der Playa Francesa genießen wir die Zivilisation mit gemischten Gefühlen...
Sonnenuntergang, gesehen in der Marina Rubicon...

4.10. bis 9.10.2013 Von La Linea nach La Graciosa – Überfahrt auf die kanarischen Inseln

Kurz nach 8 Uhr wollen wir ablegen. Motor starten, und – nix passiert. Nochmal, und nochmal und nochmal. Immer noch nix. Dann noch ein letztes mal, diesmal bleibe ich länger am Starter und siehe da, der Motor beginnt zu rattern. Also ab. Florian und Martina von der Esperanza helfen uns mit den Leinen. (Die beiden legen mit ihrer Esperanza kurz nach uns ab und haben das gleiche Ziel).

Nach dem Tanken rein in die Straße von Gibraltar. Hinter uns Mittelmeer, vor uns der Atlantik. Schon einmal, als wir vom Schwarzen Meer in den Bosporus wechseln, hatten wir ein ähnlich erhebendes Gefühl. Nur diesmal ist es stärker, und mit mehr Skepsis durchzogen. Was werden die nächsten 5 Tage bringen, stehen wir das durch?...

Nach etwa 33 Seemeilen und 7 Stunden unter Motor durch die Straße von Gibraltar setzen wir die Segel. Mit raumen Wind geht’s in Rauschefahrt durch die Nacht. Nur die Fischerboote stören manchmal und zwingen uns zu Kursänderungen. Als wir dann weiter weg von der Küste kommen, wird es zunehmend besser. Hier treffen wir nur mehr auf die Großschiffahrt. Der nächste Morgen (5.10.) beschert uns Arbeit. Der Wind wird schwächer und dreht. Die hohen Wellen und kein Segeldruck reduzieren die Lebensqualität an Bord erheblich. Trotzdem lassen wir uns das Frühstück schmecken, duschen uns im Cockpit und dann überlegen wir. Gennaker? Genua ausbaumen?. Es passiert in dieser Reihenfolge. Viel kurbeln und ziehen. Der Bergeschlauch des Gennaker will zuerst nicht rauf. Also vor auf den Bug und Leinen klarieren. Endlich geht er hoch und bläst sich auf. Wir werden sehr schnell. Aber die Optik gefällt mir nicht. Das obere Eck ist zu weit weg vom Mastkopf und das Unterliek streift am Wasser. Wir lassen ihn trotzdem für einige Zeit oben, weil wir sehr schnell sind. Nach einigem hin und her entscheiden wir uns für eine ausgebaumte Genua. Also, Fock rauf, Gennaker einfallen lassen und Bergeschlauch runter. Denkste. Zuerst wollte der Bergeschlauch nicht rauf, jetzt will er nicht runter. Aber ich schaffe es dann doch. Gennaker ist weg, Genua kommt raus, Spibaum rauf und: erst löst sich die Leine vom Niederholer, als die wieder fixiert ist, die vom Topnant. Was soviel heißt wie Genua immer wieder reffen, Baum runter, Leinen wieder fixieren, Baum wieder rauf. Und das bei Wellen. Schweißgebadet klettere ich wieder ins Cockpit. (Als ich die originalen Würgeknoten gegen Palsteks tausche, hält das ganze Gerempel auch). Stimmungstief. Annemarie hebt dieses mit einem vorzüglichen Abendessen wieder (Reis mit Pilzen und Karotten in Zitronenoberssauße und Ingwer, alle Zutaten frisch nur fehlt leider der Fisch).

Mit ausgbaumter Genua segeln wir bis zum 7. Oktober. Bei einem Rundblick entdecke ich, daß wir den Schäkel, der die Genua mit der Rollrefftrommel verbindet, verloren haben. Zum Glück führen wir einen passenden Ersatzschäkel mit. Wieder vor auf den Bug zum einschäkeln. Der Wind dreht weiter und wir beginnen zu diskutieren: längerer Weg mit raumen Wind (schneller) oder direkt mit Wind von hinten (langsamer und noch wackeliger) gibt’s zur Auswahl. Die Hin- und Herrechnerei ergibt, das der längere Weg der zeitlich Kürzere sein wird. Und auch der angenehmere. Kursänderung wird beschlossen. Dazu muß der Baum weg. Also wieder hackeln…

Hat sich gelohnt. In Spitzenzeiten sind bis zu 8 Knoten schnell.

Viel zu früh kommen wir am 9.10 in der Playa Frances an. Mitten in der Nacht. Wir wollen aber nicht warten, sondern versuchen in die Bucht einzufahren. Hat funktioniert. Ankern zuerst etwas weiter draußen, da die Bucht voll ist, trinken noch ein Ankommstbier und Achterl und fallen dann hundemüde in die Kojen. Am nächsten Morgen vernehmen wir dann die Stimmen von Martina und Florian, die neben uns vorbeilaufen und einen Ankerplatz suchen. Aufstehen, winken, freuen, daß es auch die Esperanza gut hierher geschafft hat. Umankern, tiefer in die Bucht hinein weil weniger Schwell und wieder ein Früstück auf waagrechtem Tisch ohne Festhalten, Ausschau halten, Segeltrimm oder Herumgeschleudere. Herrlich.

Die Fakten:

603 Seemeilen, davon 560 unter Segel (Motor: Straße von Gibraltar und Ansteuerung der Bucht). Jeden Tag frische Küche (Erdäpfelgulasch, Reis mit Pilzen, CousCous Pizza Annemarie spezial, Nudeleintopf…), dazwischen Häppchen (zB Mozarella mit Tomaten, Käsetoast, Salat und Jamon Iberico mit Käse…). Diese leichte und gesunde Ernährung hält den Magen beschäftigt und baut auch ein wenig der Seekrankheit vor. Zur Bordroutine hat auch gehört: Bei Sonnenuntergang ein Sundowner (ein Glas Weiß- oder Rotwein), jeden zweiten Tag „Wassermachen“ mit unserem neuen Wasserentsalzer, Funkrunde um 0800UTC (mit unseren Freunden von der Queen Nadine, der Muck und der Esperanza), den neuesten Wetterbericht über Funk runterladen, Navigation, Positions Report abgeben  und natürlich die Dusche im Cockpit, nach der wir jedesmal wieder voll frisch waren. Annemarie hatte die Seekrankheit im Griff und konnte die Bordküche ganz alleine „schupfen“ (nur einmal mußte ich unter Annemaries Anleitung fertigkochen, da hatten wir ganz schlimmes Geschaukele).  Jede dieser Tätigkeiten ist an Land und im Hafen ganz einfach, erfordert aber im fahrenden Schiff hohe Konzentration, Kraft und Koordination (Nix bleibt liegen, selbst mußt dich anhalten, Töpfe sind trotzdem heiß und der kochende Inhalt kann überschwappen, und wennst das Kochen überstanden hast, mußt´ das Essen noch verlustfrei ins Cockpit bringen). Wind: zwischen 5 und 30 Knoten, immer aus dem Nordsektor. Und am schnellsten waren wir während Annemaries Nachtwachen. Die Wachen haben nach dem Sundowner begonnen, gewechselt haben wir etwa alle 3 Stunden.

Und jetzt liegen wir mit von Stolz geschwellter Brust in der wunderschönen Bucht Playa Fancesa auf La Graciosa…

Abfahrt von Gibraltar. Bei Tarifa geht's endgültig in die endlosen Weiten des Atlantik. Einmal auch mit Gennaker.
Zum Sonnenuntergang gibt's Sundowner und dann geht die Freiwache in die Koje.
Wassermachen: Produzieren, Messen, Kosten, Schmeckt
Bei solchen Wellen wird Kochen zur Schwerstarbeit. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
"Kommt ein Vogerl geflogen, hat kein Brieflein im Schnabel..."
Auch kleine Arbeiten werden aufwändig
Mit diesen Gurten hängen wir am Schiff, meist in der Nacht, wenn wir alleine Wache schieben, oder bei hohem Wellengang außerhalb des Cockpits arbeiten.
Angekommen. Wegen besserer Lichtverhältnisse haben wir das Foto erst am nächsten Morgen gemacht...