15. u. 16. 3. 2015 Panamakanaltransit
Heute, am 17.3. schreibe ich diese Zeilen, noch etwas „vernegligiert“, wie meine allerliebste Admiralität zu sagen pflegt. Ein müder, unausgeschlafener Zustand (ein Mix aus Anspannung, Konzentration und Feiern). Wir haben die Ankunft im Pazifik gefeiert. Aber schön von Anfang an. Unsere Linehander Andreas, Doris und Katja sind pünktlich am 15. um 15 Uhr an Bord gekommen. Mit sovielen helfenden Händen war das Ablegemanöver ein Kinderspiel. Für 17 Uhr war der Pilot Launch, das an Bord bringen unseres Advisors angesetzt. Übernahmepunkt: The Flats, eine wackelige Anchorage zwischen Kanalzufahrt und Industriehafen von Cristobal. Wir kommen schon um etwa 16:15 an, um ja nicht zu spät zu sein. Um 17:40 ist es dann soweit, unser Advisor wird von einem Motorboot an Bord der ANGICAMARO gebracht. Moses, so heisst er, gibt uns einen kleinen Überblick, was so alles passieren wird und dann gehen wir auch schon Anker auf. Langsam nähern wir uns der Gatun Schleuse, welche aus 3 Kammern mit jeweils 9 Metern Hub besteht. Ein gigantisches Bauwerk. Unsere erste Aufgabe ist es, an der Backbordseite eines Katamarans längsseits zu gehen. Abgefendert und mit Bug und Heckleine bewaffnet, nähern wir uns dem Kat, an dessen Steuerbordseite bereits ein anderes Schiff verheftet ist. Das Manöver klappt, wenn auch mit einem kleinen blauen Streifen am weißen Rumpf des Katamarans recht gut. Puh in der Dunkelheit, nicht einfach! Im 3er Paket – auf Kanalenglisch „nested“ fahren wir langsam in die Schleuse ein. Der Katamaran steuert und links und rechts unterstützen wir manchmal durch kurze Motorschübe oder durch Ruderausschlag (die meisten Katamarane haben in jedem Rumpf einen Motor, und können damit besser manövrieren). Vor uns hat schon ein Frachtschiff „Platz“ genommen. Und jetzt haben die Linehander die Arbeit. Von oben wirft das Kanalpersonal eine dünne Leine mit einer Affenfaust (eine aus Seil geflochtene Kugel zur besseren Wurfsteuerung) auf unser Deck. An dieser Leine binden unsere Linehander die schweren, dicken Kanalleinen fest, die nach oben gezogen werden, und, sobald unsere Position in der Schleuse erreicht ist, am Schleusenrand fixiert werden. Dann der ergreifende Moment. Hinter uns schließen sich langsam aber unweigerlich die massiven Schleusentore. Ab nun strömt mit einer affenartigen Geschwindigkeit das Wasser in die Schleusenkammer. Nach 8 Minuten öffnen sich die vorderen Tore der Schleusenkammer und das Cargoschiff fährt in die nächste Kammer. Dabei wird das Wasser ziemlich aufgewirbelt. Als sich die Wirbel beruhigt haben, fährt unser 3er Paket weiter. Wieder haben die Linhander zu tun, das Tor schließt sich und wieder heben uns enorme Wassermassen um 9 Meter hoch. Nur noch eine Schleusenkammer, bevor wir im Gatunsee sind. Der Gatunsee ist der größte Stausee der Welt und verbindet die Schleusen an der Nordseite des Kanals mit denen der Südseite. Um 21:10 legen wir an einer Boje im Gatunsee an und verbringen dort die Nacht. Sofort nach dem Festmachen an der riesigen Boje wird unser Advisor wieder abgeholt. Wegen der Krokodile verzichten wir auf ein Bad im erfrischenden Süsswasser des Stausees. Die Nacht ist kurz, denn schon um 06:15 wird ein neuer Lotse an Bord gebracht und wir motoren die 28 Nm von unserem Nachtplatz zum Pedro Miguel Lock. Die Fahrt verläuft ruhig, wir lernen unseren Advisor kennen, er gibt uns Tips, erklärt uns Details zur Kanalfirma, unter anderem auch, dass früher, als der Kanal noch unter amerikanischer Führung war, für die Mitarbeiter alles besser war und nun ziemlich viel in die Tasche korrupter Politiker und Manager wandert… Zu Mittag wäre unsere Schleusung angesetzt, wird aber nach hinten verschoben. Also legen wir vor den Schleusenanlagen wieder an einer Boje an und warten. Annemarie hat Reisfleisch gekocht. Das schmeckt auch Hektor, unserem Lotsen hervorragend. Kulinarisch waren diese beiden Tage ein Höhenflug. Erdäpfelgulasch, Liptauerbrote, Toasts, Reisfleisch, Bananendatschkerl – wir wollten unseren Linehandern und dem Lotsen eben was bieten – zumal auch Geschichten kursieren, wonach sich Lotsen, wenn ihnen die Bordküche nicht behagt, einfach auf Kosten des Skippers was bringen lassen. Wir können diese Geschichten nicht bestätigen. Alle Lotsen, die wir kennenlernten, waren sehr genügsam und angenehme Gäste an Bord. Kurz nach 14:00 ist es dann wieder soweit. Das 3er Paket wird wieder zusammengestellt, wieder fliegen die Affenfäuste an Deck, wieder leisten die Linehander an Bord tolle Arbeit nur fahren wir diesmal vor einem Großen in die Schleuse. Massiv baut sich langsam und gemächlich der mächtige Bug des Autotransporters hinter uns auf. Und nach vor haben wir tolle Aussicht auf den Miraflores See und den Pazifik. Die Schleusung verläuft problemlos, das Tor geht auf und das 3er Paket motort durch den nur eine Seemeile langen Miraflores See zu den Miraflores Locks. Die ist wieder eine 2 stufige Schleuse, die uns endgültig in den Pazifik bringt. Als sich diesmal das Schleusentor vor uns öffnet, blicken wir mit gemischten Gefühlen durch den unaufhaltsam größer werdenden Spalt hinaus. Die Gewissheit des Point of No Return, dle langen Strecken, die jetzt dann vor uns liegen. War es richtig? Nur kurz stehen wir am Bug unserer ANGICAMARO um uns bei einem Blick in den Pazifik zu umarmen und zu küssen, dann reist uns das Gebimmel der Schleusenglocke und ein Horn aus unseren Träumen und wir müssen wieder an die Arbeit. Leinen einholen, in den Pazifik einfahren, Paket auflösen, Leinen versorgen, Lotsen an den Übergabepunkt bringen. Dabei bleibt keine Zeit zum Nachdenken. Erst bei einem Glas Sekt in der Las Playitas Anchorage beginnen wir zu begreifen…
Vielen Dank an Andreas, Doris, Katja und Ruedi, die als Linehander und Dinghitransporter zu unserem unvergesslichen Kanaltransit beigetragen haben. Es ist schön, auch weit weg von zu Hause gute Freunde zu haben…
Für Statistiker: 47 Seemeilen unter Motor, 27 Höhenmeter rauf und 27 Höhenmeter wieder runter.
Der Panamakanal im Internet
Info über den Panamakanal gibt's unter folgender URL: http://www.pancanal.com. Interessante Stellen des Kanals sind mit WebCams ausgestattet, auf die man über folgenden Link Zugriff hat: http://www.pancanal.com/eng/photo/camera-java.html - erwartet euch bitte kein High Definition TV. Ist eher ein Suchbild, vor Allem wenn es sich um Yachten handelt...
Bürokratie und der Panamakanal
Zum Bewältigen der Bürokratie braucht man keinen Agenten. Die Mitarbeiter der Kanalbehörden sind sehr hilfsbereit. Dafür kostet der Transit einiges. Nun aber der Reihe nach. Die Gebühr für den Transit richtet sich nach der Länge des Schiffes. Um diese bestimmen zu lassen, kommt ein Vermesser an Bord. In unserem Fall eine hübsche, junge Frau. Bei der Vermessung wird das Schiff vom Bugspriet bis zum Ende der Davits, oder was auch immer der äusserste Punkt am Heck ist, abgemessen. Aus unseren 11,98m laut Messbrief wurden dadurch 14,5 Meter (46,5 Fuss). Knapp, denn ab 50 Fuß kostet der Transit um einiges mehr. Hier die Yacht Tarife: bis 50 Fuß: USD 800,- / 50 – 80 Fuß: USD 1.300,- / 80 bis 100 Fuß USD 2.000,- und darüber (bis 125 ft): USD 3.200,-. Dazu kommt dann noch der Vermesser, der sich mit USD 54 zu Buche schlägt und eine Security Charge mit USD 130,-. Die Strafe, die man für etwaige selbst verursachte Verzögerungen gleich einmal im Voraus bezahlt, beträgt USD 891,-. Sollte man „straffrei“ durchgehen, bekommt man diesen Betrag innerhalb von zwei bis drei Wochen rücküberwiesen. Natürlich nur das, was nach Abzug aller Bankspesen und Kursschwankungen noch übrig bleibt. (Großschifffahrt: USD 250.000 und darüber – am Tag nimmt die Kanalbehörde etwa 15 Mio USD ein).
Den Vermessungstermein vereinbart man unter der Nummer (+507) 272 4571 (Balboa Seite) oder (+507) 443 2298 (Colon Seite). Die Vermesser kommen dann mehr oder weniger pünktlich. Mit der Vemessung wird das Schiff bei den Kanalbehörden registriert und bekommt eine eigene SIN (Ship Identification Number – bei einem folgenden Transit erspart man sich damit die Vermessung). Nach der Vermessung begibt man sich unmittelbar zur City Bank in Balboa (Pazifik Seite, Nikos Plaza in Balboa) oder Cristobal (Atlantik Seite, Cristobal Piers near the Entrance). Nachdem die Marie in Cash (nur Bares ist Wahres) abgeliefert wurde, kann man – oft schon am selben Tag – ab 18:00 um einen Transittermin ansuchen oder, so wie in unserem Fall, den Wunschtermin bekanntgeben. Auch das funktioniert telefonisch. Dazu die Nummer (+507) 272 4202 anrufen, Schiffsname und SIN angeben und den Termin abstimmen. Bevor natürlich ein Termin vergeben wird, wird überprüft, ob die Kanalgebühr auch bezahlt wurde. Der vereinbarte Termin muss dann einen Tag vor dem Termin (ab 18:00) nocheinmal bestätigt werden. Dabei erfärt man den Übernahmepunkt für den Advisor und die Zeit. Zwischen Vermessung und Transit organisiert man die Leinen (4 Stück a 40m mit mindestens 22mm Durchmesser) und mindestens 4 Fender aus Autoreifen. (Die kann man bei den lokalen Agenten ausleihen, unserer war Tito, Tel: (+507) 6463 5009).
Die Crew für einen Transit muss aus 4 Linehandern und einem Steuermann bestehen. Von der Kanalbehörde wird ein Advisor gestellt, der vor dem Transit an Bord gebracht wird. Nach den ersten Schleusen am ersten Abend lotst er das Schiff noch an den Übernachtungsplatz – eine große Boje – und wird dann wieder abgeholt. Am nächsten morgen bringen sie sie dann einen neuen Adviser an Bord, der dann kurz nach der letzten Schleusung wieder abgeholt wird. Der Adviser muss anständig verpflegt werden – was natürlich für die ganze Crew gilt.
Und dann kanns logehen…
Tip: lokale SIM besorgen. Das Telefon wird oft gebraucht.